Wir stellen uns der deutschen Geschichte
- projektlt28
- 23. Juni 2022
- 3 Min. Lesezeit

Natürlich darf bei einem Besuch in Polen eine Station nicht fehlen. Also ging für uns die Reise in Richtung Oswiecim oder besser bekannt als Auschwitz. Wir haben beim Frühstück die Tickets für eine deutschsprachige Führung gebucht und sind dann direkt losgefahren. Breslau mussten wir leider im Regen hinter uns lassen, das Wetter war zu schlecht und unser Zeitplan zu knackig. Auf der fahrt bemerkten wir schnell, dass wir uns etwas verrechnet hatten was die Fahrzeit anging. Wir kamen zwanzig Minuten zu spät (äußerst peinlich) und mussten vom einem Wärter zur bereits gestarteten Gruppe gebracht werden. So ging es zackig durch den Eingang des Arbeitslagers Auschwitz (der berühmte Schlagbaum mit dem Torbogen mit den Worten "Arbeit macht frei") und wir konnten die Gruppe mit den deutschen Besuchern schnell finden. Es gab für jeden ein Headset, das per Funk mit der Führerin verbunden war, so konnte man alles sehr gut verstehen und sie musste ihre Stimme nicht zu sehr beanspruchen.Wir wurden durch die verschiedenen Wohnkasernen, sogenannte Blocks geführt, in denen originale Fundstücke des Konzentrationslagers präsentiert wurden. Von Schuhen, Kleidung und persönlichen Gegenständen. Am persönlichsten war die Ausstellung der original Haare der getöteten Insassen. Insgesamt wurden 40 Tonnen Haare bei der Befreiung gefunden, 5 Tonnen davon werden ausgestellt. Eine unglaubliche Menge, die fast einen kompletten Raum ausfüllte. Daraus wurden zum Schluss Uniformen, Säcke und andere Utensilien für den Krieg hergestellt. Kaum vorzustellen...Die ganze Führung wurde sehr respektvoll und ohne das in Deutschland gerne generierte "Schande über euch Deutsche" durchgeführt. Es wurde sehr sachlich und neutral über die Gräueltaten des Nazi-Regimes und ab und zu auch über Einzelschicksale berichtet. Es ging auch durch die ersten Gaskammern und Krematorien des Arbeitslagers, quasi das kleine Vorbild für die Vernichtungskammern im Lager Birkenau. Es wurde auch sehr ausführlich über die Experimente der SS-Doktoren berichtet, einfach Grauenhaft und Abstoßend.

Nach ca. 1,5 Stunden gab es dann 10 Minuten Pause, danach ging es per Bus ins Vernichtungslager Birkenau. Dort angekommen passierten wir das Haupteingangstor mit seinem bekannten Schienenanschluss und Wachhaus. Von dort ging es dann in eine der originalen Holzbaracken, in denen bis zu 500 Insassen untergebracht waren. In großen Stockbetten mit 4 Etagen (pro Etage 6-8 Häftlinge) mussten die Menschen auf engstem Raum in einer eigentlich für die Pferde der Wehrmacht konstituierten Holzbaracke leben. Anfangs gab es quasi keinerlei Sanitären Anlagen, erst als mehrere Seuchen sich im Lager ausbreiteten und auch die Wärter befielen, wurden spartanische Sanitärbaracken eingerichtet. Diese bestanden aus vier ca.15 Meter langen Donnerbalken aus Beton und zwei Waschrinnen im Boden. Und das für bis zu 2000 Insassen. Unvorstellbar. Jeder Insasse durfte nur 2 Mal am Tag die sanitären Einrichtungen benutzen, einmal morgens und einmal abends nach der Arbeit, das ganze im Takt einer Trommel, die von einem Häftling geschlagen wurde.

Zusätzlich wurden die Insassen oft noch mit Schlägen angetrieben und erniedrigt. Es ging weiter in Richtung der "Sortierrampe". Hier hatten wir beim zurückschauen ein sehr beklemmendes Gefühl, kannte man doch die Szenen aus den Filmen und von den vielen Fotos und Dokumentationen. Hier an diesem Ort zu stehen hatte aber eine ganz andere Wirkung... In der Mitte der Rampe angekommen, sah man dann die Todes-Wege in die Gaskammer 2 und 3, die täglich bis zu 2500 Juden in den direkten Tot schickten. Am Ende der ewig langen Rampe wurde ein großes Denkmal errichtet, in jeder Landessprache der Opfer des Konzentrationslagers eine Tafel, die einen ermahnte, niemals zu vergessen was hier passiert ist. Wir gingen an die von der SS gesprengten riesigen Krematorien entlang, die Gaskammern und Entkleidungskammern in enormen Ausmaßen waren noch gut zu erkennen, jedoch leider nicht mehr zu begehen und sollen auch laut Aussage der Führerin nicht rekonstruiert werden. Allgemein werden keine Holzbaracken mehr nachgebaut, sondern nur noch erhalten.

Die pure Größe der Anlage kann aufgrund der fehlenden Baracken jedoch viel besser abgebildet werden, die Kaminanlagen stehen nämlich größtenteils noch und geben einem so eine viel bessere Übersicht. In die ersten Baracken aus Ziegelstein kann man aktuell leider nicht hinein, da viele aktuell Einsturzgefährdet oder restauriert werden. Schätzungen zufolge wurden hier in Auschwitz ca. 1,1 Millionen Juden und Staatsfeinde ermordet, zu "Spitzenzeiten" ca. 8000 am Tag nur in den Gaskammern. Insgesamt überlebten nur 1000 Menschen die Befreiung des Lagers. Ein sehr sehr dunkles Kapitel Deutschlands, das aber nunmal zu unserer Geschichte gehört.
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