Unsere Reise durchs Baltikum
- projektlt28
- 1. Juli 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Juli 2022
Unsere letzte Route durch Polen führt uns entlang von Kaliningrad, der russischen Exklave im Baltikum. Wir hatten mit viel Militär gerechnet, die die Grenze zu Polen sichern, stattdessen war nichts dergleichen zu sehen. Wir kämpften uns durch kleine Polnische Ortschaften, die Straßen wurden wieder einmal schmal und schlecht. Irgendwann fiel Tim dann ein, dass es in dieser Region auch noch Relikte aus dem zweiten Weltkrieg zu betrachten gab, nach kurzer Suche fiel uns dann auf, dass wir nur etwa 20 Minuten vom ehemaligen Führerhauptquartier, der sogenannten "Wolfschanze".

Diese besteht aus einer gigantischen Bunkeranlage, die wir nach einer sehr holprigen Fahrt (teilweise auf Schotterpiste) dann erkunden konnten. Die Bunker wurden fast alle damals gesprengt, doch einige wollten einfach nicht nachgegeben und können sogar heute noch von innen besichtigt werden. Unglaublich was damals in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt wurde. Sieben Meter dicker Stahlbeton schützte die "VIP's" des Reichs, einige Bunker wurden allerdings niemals bewohnt. Kein Wunder, wir hatten 30 Grad Außentemperatur und aus den dicken Betonwerken kam Eiskalte Luft. Der einzig genügend Paranoide Dauerbewohner war in der Tat Hitler. Auch wurde hier der Ort nachgebildet, an dem der wahrscheinlich bekannteste Attentatsversuch auf Hitler von Graf von Stauffenberg verübt wurde. Es gab auch eine ehemalige gepanzerte Garage, in denen Fahrzeuge ausgestellt wurden. Für ein paar Zloty konnte man auch eine Rundfahrt mit ihnen machen. Von der Wolfschanze aus waren es nur noch ein paar holprige Kilometer, bis wir die Litauische Grenze überschreiten konnten. Am Grenzübergang selbst gab es dermaßen riesige Schlaglöcher, dass sogar die LKW Ausweichmanöver fahren mussten. Danach wurde die Straße besser und das Land konnte von uns erkundet werden. Da Eddy noch einen Termin bei einem Tierarzt in Estland hatte und unser Fährtermin immer näher rückt, hatten wir nicht sehr viel Zeit für Litauen und Lettland. Für die Einreise nach Finnland benötigt Eddy eine vom Tierarzt bestätigte Wurmkur. Aber die Attraktionen halten sich in den kleinen, vor allem landwirtschaftlich geprägten Ländern auch in Grenzen.

Schön war allerdings, dass hier das Wildcampen erlaubt ist. Man konnte sich also ein schönes Plätzchen aussuchen und so lange bleiben wie man möchte. Wir haben also die Natur genossen und sind etwas durch die Landschaft gefahren, immer in Richtung Norden. Das Wetter war auch bestens und wir suchten den ein oder anderen der vielen Seen auf, um uns etwas abzukühlen. Problematisch ist bei diesem Wetter das Thema „Quälgeister“, Nadine hat sowieso Probleme mit sämtlichen Blutsaugern und wird regelmäßig von Stechmücken vermöbelt, hier aber gab es so viele, dass wir uns nicht nach draußen setzen konnten.

Beim Besuch eines Tierparks mit echten Bisons war es dermaßen schlimm, dass wir wieder flüchten mussten. Auch stand etwas Autopflege auf dem Plan, dort lernten wir einen Litauer kennen und hielten mit ihm etwas Smalltalk. Er erzählte uns von Litauen und dass sie von den Spritpreisen (etwas um die 2 Euro/l ) sehr hart getroffen werden. Kein Wunder bei diesem weitläufigen Land mit kleinen Dörfern ist ein gut getakteter Öffi kaum möglich und die Menschen sind wirklich aufs Auto angewiesen. Bei einem durchschnittlichen Verdienst von 1300 Euro im Monat sind die Einwohner des Landes wirklich gebeutelt. Vielleicht liegt es auch nur an der Hitze, man sieht aber in der Tat kaum Menschen die unterwegs sind. Der Bisonpark war fast ausgestorben und das obwohl sich die Tiere bestens präsentierten. Durch Lettland sind wir tatsächlich nur durchgefahren, aber es war definitiv zu bemerken, dass sich die Landschaft immer mehr in Richtung Wald entwickelt. Aus offener Landschaft wurden nun riesige Wälder, die nur von den Straßen durschnitten wurden.

In Estland haben wir dann an der Ostsee einen süßen Campingplatz gefunden, sehr einfach und zwanglos konnten wir uns einen Stellplatz frei aussuchen und im Schatten parken. Nachdem unser Bus geparkt war, hüpften wir erst mal in unsere Badesachen und danach ins Wasser. Davon war in der kleinen Bucht allerdings nicht mehr so viel übrig, wir mussten durch pisswarme Pfützen waten, um etwas kühles Nass zu finden. Dieses hatte dann aber gefühlt auch Mittelmeer-Temperatur, kein Wunder, es war beinahe Windstill. Es gab fast keine Wellen und wir konnten am späten Abend hier noch den schönsten Sonnenuntergang bislang beobachten. Die Fotos wirken wie stark bearbeitet, sind sie aber nicht! Nach einem wunderschönen Tag im und am Wasser füllten und leerten wir unsere Tanks und es ging weiter in Richtung Tallin. Wir parkten dort direkt am Fährterminal und erkundeten die Hauptstadt Estlands zu Fuß.

Die Hauptstadt hier ist, wie das Land selbst, eine Mischung aus moderne und historischem. Wir schlenderten durch die schöne kleine Stadt und landeten im ältesten Viertel, in dem es auch leckeres mittelalterliches Essen gab. Es gab ein Wildgulasch und eine Auswahl an Bratwürsten, scheinbar aus Elch, Wild und Bär. Wir haben geschmaust wie die alten Könige und mit vollem Magen ging es zurück ins Wohnmobil auf die heiße Asphaltfläche. Es war Regen vorhergesagt, und es donnerte auch mehrfach,

nur für den gewünschten Regen wollte es nicht reichen. Gut geschlafen hatte niemand, bei 25 Grad einfach zu warm. Dazu mussten wir uns erst daran gewöhnen, dass es hier erst sehr spät in der Nacht dunkel wird. Eddys Termin beim Tierarzt ging schnell über die Bühne und so hatten wir noch zwei Tage Aufenthalt in diesem schönen Stück Land. Der Asphaltparkplatz ohne Schatten war uns zu heiß, und so verkrümelten wir uns ans Meer an einen schönen schattigen Parkplatz mit Meerblick. Hier gab es sogar ein Toilettenhäuschen, so stark verschmutzt, dass es unbenutzbar war, zum Klo-Kassette leeren eignete es sich trotzdem bestens. Auf der Fahrt dorthin regnete es tatsächlich und die Temperaturen fielen um knappe zehn Grad, welch ein Wohltat. Dann ging es noch einkaufen und tanken, der neue Ersatzkanister wurde auch gefüllt, und danach zur großen Fähre. Das größte Schiff auf dem wir bisher waren. Nächstes Ziel: Helsinki – Finnland.
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